Jan-Lukas Else

Gedanken eines IT-Experten

Amazon Go hat in Deutschland keine Chance

Veröffentlicht am in Medium-Archiv
Kurz-Link: https://b.jlel.se/s/2fc
⚠️ Dieser Eintrag ist bereits über ein Jahr alt. Er ist möglicherweise nicht mehr aktuell. Meinungen können sich geändert haben. Als ich diesen Post verfasst habe, war ich erst 17 Jahre alt!

Wieso Amazon Go in Deutschland nicht funktionieren wird und wir technischen Fortschritt als Chance begreifen sollten

Amazon Go, ein unlängst gestartetes Pilot-Projekt von Amazon (wär auch crazy, wenn’s nicht Amazon wäre), das Wartezeiten, Personal und Ladendiebstahl in Supermärkten reduzieren soll. Klingt für den Kunden toll, aber für Mitarbeiter wäre das der GAU.

👉 YouTube-Video über Amazon Go

Pro

Nun erst einmal zu den positiven Aspekten des automatischen Supermarktes:

Finden wir es nicht alle blöd, nur für einen Liter Milch oder eine Tütensuppe fünf geschlagene Minuten an der Kasse anzustehen, bis dann mal Frau Müller aufgerufen wird, eine weitere Kasse zu öffnen? In der Schlange warten ist eine der lästigsten Sachen überhaupt, die die Lust aufs Einkaufen schon ganz schön vermiesen können. Amazon Go würde dieses Problem lösen können. Man identifiziert sich beim Betreteten des Ladens automatisch mit seinem Smartphone und wenn man Produkte aus dem Regel nimmt, werden sie automatisch dem virtuellen Warenkorb hinzugefügt, es sei denn, man legt sie wieder an die selbe Stelle zurück. Kein Grund mehr extra alles einscannen zu lassen.

Ein weiterer massiver Vorteil wäre, dass fehlende Produkte aufgrund von Statistiken durch den Marktbetreiber bereits rechtzeitig nachbestellt werden können und so leere Regale vermieden werden können — außer natürlich es tritt plötzlich aufgrund von schweren Unwetter eine starke Lebensmittelknappheit ein. Also kein unnötiges Ladenbetreten mehr, um dann festzustellen, dass das gewünschte Produkt bereits ausverkauft ist.

Drittes Argument, welches mir einfällt: Kein Grund mehr ständig haufenweise Bargeld mit sich rumschleppen zu müssen. Bezahlt wird automatisch über die hinterlegte Kreditkarte oder das eingetragene Bankkonto.

Und nicht zu verschweigen: Ladendiebstahl ist praktisch unmöglich.

Contra

Aber da kommen wir auch schon zu den negativen Aspekten, die das “smarte Shopping” doch zu einer Falle machen können:

Wir haben weniger Kontrolle darüber, wie viel wir ausgeben. Während es beim physischen Geldausgeben doch schon ziemlich schmerzt, ist dies bei der elektronischen Bezahlart schon ziemlich anders. Im Fall Amazon Go haben wir ja keine Zeit an der Kasse, nochmal unseren Einkauf zu überdenken und sehen beim Bezahlen auch nicht den Preis, der uns möglicherweise ganz schön zusammenzucken lässt. Natürlich kann man auf dem Handy den Preis und so sehen, aber es ist ja doch was anderes.

Wer sagt außerdem, dass der Preis vom Produkt nicht automatisch an den Kunden angepasst wird? Wenn zum Beispiel ein Kunde, der gerne exklusive und teuere Produkte kauft, vor dem Joghurt-Regal der Preis einfach mal verdoppelt wird? Ist das fair und transparent?

Der letzte negative Punkt, den ich hier anmerken möchte wäre auch die Arbeitsmarkt-Situation. Sind aufgrund von Smart-Shopping tausende Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet? Kassierer fallen auf jeden Fall weg, aber es wird nicht allzu lange dauern, bis der ganze Supermarkt automatisiert wird. Regal-Einräum-Robotern müsste man ja nicht einmal Mindestlohn zahlen.

Deutschland

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis auch in Deutschland Smart-Shopping-Supermärkte eingeführt werden. In Deutschland haben viele Leute einfach das Bedürfnis zum Beispiel bei Fragen zu einem Produkt das Personal interviewen zu können. Auch kann ich mir vorstellen, dass — obwohl wir ziemlich auf Sparen aus sind — es einen heftigen Diskurs in der Bevölkerung aufgrund des massiven Job-Verlusts geben wird. Natürlich werden mehr Techniker und Informatiker gebraucht, aber eben keine Kassierer — und Umschulen geht bestimmt auch nicht immer…

Im Gegensatz zu den USA, wo sie meiner Meinung nach, mit solchen neuen Technologien viel offener umgehen und sich auch weniger um die sozialen Folgen Gedanken machen, haben Märkte, die (fast) autonom funktionieren, bestimmt eine Chance. Ich sag nicht, dass das Handeln der Amerikaner cool wäre, weil die so immer die neusten Gadgets haben, aber ich finde, man sollte sich neuen Sachen nicht komplett verwehren. Neues hat immer negative aber auch positive Seiten!

Auch in Deutschland wird sich Smart-Shopping irgendwann etablieren, aber wer weiß, ob wir das noch miterleben…

Tags:

Jan-Lukas Else
Interaktionen & Kommentare